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Channel: Tschagguns – VOL.AT
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Zentrale Dichte

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Die Gemeinde Tschagguns, im Dialekt „Tschaggu“, verfügt über ein extrem weitläufiges Siedlungsgebiet. Ca. 2500 Einwohner verteilen sich auf den Ortskern und mehrere Außenparzellen – Latschau, Bitschweil, Krista, Ziegerberg, Mauren, Zelfen. Wichtigste Wirtschaftszweige und damit auch Arbeitgeber sind die Wasserwirtschaft und der Tourismus. Wer hier lebt, hat die Natur vor der Haustür – ein Privileg zu wohnen, wo andere Erholung suchen – und gleichzeitig Einschränkung. Grundstückspreise und Baukosten sind auch hier Belastung für Wohnungssuchende.

1_2 Zwei dreigeschoßige Baukörper mit Verbindungselement sorgen für Nachverdichtung im Dorf. Foto: Darko Todorovic ©

Umso wichtiger ist die Errichtung leistbaren Wohnraums durch Bauträger – gemeinnützige wie private. Doch nicht nur der Bedarf an Wohnraum scheint relevant für diese Gegend. Das Montafon wird sich immer mehr seiner baukulturellen Tradition bewusst. 2015 wurde erstmals eine Kennzeichnung für eine fachgerechte Erhaltung und Renovierung von baukulturellem Erbe im Montafon realisiert – mit zahlreichen Besichtigungen und fachlicher Jurierung. Was historisch wertvoll ist, ist damit bereits ins Blickfeld gerückt.

“Wir denken das Gebäude in der Planung sowohl von innen wie auch von außen.” (Hans-Peter Lang, Architekt)

2_1 Ausblicke und Helligkeit durch ein gläsernes Verbindungselement. Foto: Darko Todorovic ©

Das nächste Ziel ist die Sensibiliserung für aktuelle Baukultur, für die Verantwortung der Bauherren der Gegenwart – private, kommunale, gewerbliche, touristische. Das Stichwort lautet „qualitätsvolle Architektur“, die sich sozial, wirtschaftlich, ökologisch und kulturell behauptet und einfügen kann, raumplanerische Überlegungen mit einschließt und die Themen der Zukunft aktiv angeht. Für den Wohnbau sind das die Themen Sanierung, Verdichtung, Quartiersentwicklung und Mischnutzung. Im Fokus stehen das Zuammenleben der Generationen, leistbarer Wohnraum, neue Grundrisstypen, die auf veränderte Lebensumstände Rücksicht nehmen – vom Singlehaushalt bis zur Patchworkfamilie oder dem Wunsch, die Eltern im Alter aufzunehmen. Darüber hinaus entstehen bei größeren Baukörpern auch Fragen zur Integration von wichtigen gesellschaftlichen Räumen: Kinderbetreuungseinrichtungen, Räume für Bildung und Kultur ebenso wie für Nahversorgung und Dienstleistungen. Was braucht ein Dorf um lebenswerter Raum zu sein für seine Bewohner(innen), Gäste, die Menschen, die dort arbeiten?

2_2 Zollhäuser alt und neu: die alten Baukörper wurden saniert, die neuen fügen sich im Gelände dazwischen wie selbstverständlich ein. Foto: Darko Todorovic ©

Das Architekturbüro von Christian Vonier und Hans-Peter Lang arbeitet viel im Montafon. „Das hat den einfachen Grund, dass mein Partner aus dieser Gegend stammt und wir uns hier auch besonders engagieren möchten.“, erzählt Hans-Peter Lang beim Vor-Ort-Termin. Unweit der Wohnanlage Unterziegerberg II, ebenso bereits proträtiert in dieser Reihe, haben die Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H., kurz Vogewosi, mit Lang Vonier Architekten zwei neue Baukörper errichtet und drei bestehende saniert. „Bei den bestehenden Bauten handelt es sich um Gebäude aus dem Jahr 1939. Wir haben hier neue Dämmfassaden angebracht, die Fenster erneuert, neue Türen eingebaut, einen Anschluss für die Biomasseheizung realisiert, neue Zufahrten geplant und die Vorplätze neu gestaltet. Kurz, die Gebäude zeitgemäß bewohnbar gemacht.“

2_6 Hans-Peter Lang im Gespräch mit Gemeindesekretärin Elisabeth Schuchter.Die Architekten mit Bürositz in Göfis bauen viel in der Region. Foto: Darko Todorovic ©

Zwei neue, dreigeschoßige Baukörper im Passivhausstandard und mit gläsernem Verbindungselement wurden unter dem Projektnahmen „Zollhäuserweg II“ geplant. „Es sind hier insgesamt 24 Wohneinheiten neu entstanden. Ausgangspunkt war die Aufgabenstellung, das Grundstück nachzuverdichten und dabei Synergien zu den umliegenden Infrastrukturen herzustellen, bzw. neue mitzuplanen.“ So wurde eine Tiefgarage errichtet, die nicht nur für die Wohnanlage, sondern für die gesamte Gemeinde von Nutzen ist. Der Kinderspielplatz wird gemeinsam mit dem benachbarten Kindergarten entwickelt – ein Mehrwert für beide.

2_5 Behagliche Innenräume mit viel Licht, überschaubaren Größen, solider Grundaustattung. Foto: Darko Todorovic ©

Fertiggestellt im Oktober letzten Jahres erscheint die Wohnlage noch fast jungfräulich aufgeräumt. „Dem Errichter und Erhalter ist Übersichtlichkeit und Ordnung wichtig.“ Gute Qualität bei den Baumaterialien und der Verarbeitung – darauf haben sowohl Vogewosi als auch die Architekten geschaut. „Dennoch wurde hier natürlich auf Kosten geachtet. Bei dieser Bauaufgabe ist Pragmatismus gefragt.“ Dass dieser selbstverständlich zu guten Lösungen führen kann, wird in den Grundrissen sichtbar. „Wir haben uns um kompakte, helle Räume bemüht, die multifunktional genützt werden können. Bei den Balkonen greifen wir immer wieder auf Ecklösungen zurück. Dadurch bringen wir Licht von zwei Seiten in die Räume und gleichzeitig das Gefühl, auch mal hinaus zu können – gerade für kleinere Wohneinheiten ist das eine wertvolle Zugabe.“ Der Baukörper selbst fügt sich gut ins Ortsbild ein und ermöglicht je nach Blickwinkel unterschiedliche Ansichten – vom langestreckten Riegel mit dunkelgrauer Holzlattenfassade bis hin zur verschachtelten Eckkonstruktion. Die Hanglage trägt zur Skulpturalität der Gesamtanlage in der Außenansicht bei. Kurz: ein einfacher, eleganter Baukörper in Tschagguns, der das Wohnen ins Ortszentrum zurückbringt.

Daten und Fakten

Objekt: Passivhauswohnanlage Zollhäuser, Tschagguns
Eigentümer/ Bauherr: Vorarlberger Gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungs-Gesellschaft (Vogewosi)
Architektur: Lang Vonier Architekten ZT GmbH, Göfis
Statik: M+G Ingenieure, DI Josef Galehr; ZT GmbH, Feldkirch
Ingenieure/Fachplaner: Bauhpysik: BDT IB Bauphysik Ing. Karlheinz Wille , Gebäudeausweis: Wolfgang Caser, Dornbirn; HSL Planung: Ingenieurbüro Töchterle GmbH, Bürs
Elektroplanung: Norbert Steiner Nüziders,
BauKG: Dietmar Schuchter, Göfis
Planung: 2009–2012
Ausführung: 2013–2014
Grundstücksgröße: 6300 m²
Wohnnutzfläche: 1800 m²
Keller: 1280 m² (teilw. Nutzung mit Tiefgarage Gemeinde Tschagguns)
Bauweise: Massivbauweise, gedämmt 34 cm; vertikaler hinterlüfteter Holzfassade, Loggien in Holzbauweise, Holzfenster mit 3-fach-Verglasung, Flachdach mit 3-facher Bitumenabdichtung 50 cm Wärmedämmung
Besonderheiten: Sämtliche Wohnungen mit Loggia ausgestattet, helles innenliegendes Stiegenhaus, Komfortlüftung in allen Räumen, Wohnen im Zentrum von Tschagguns in einer nachverdichteten früheren „Zollhaussiedlung“
Energiekennwert: 9,95 kWh/m² im Jahr
Baukosten: 4,3 Mill. Euro
Ausführung: Erd-, Baumeister- und Kanalisierungsarbeiten: Gebr. Vonbank GmbH; Spengler: Josef Entner GmbH; Trockenbau: Ausbau Bohn GmbH; Elektroinstallationen: Richard Durig; Heizung, Sanitär und Solaranlage: Wucher & Müller; Lüftung: Ender; Fassadengerüst: Brunner Gerüstbau GmbH; Brandschutz: Bauernhas; Fenster; Josef Tiefenthaler; Türen: Josef Feuerstein GmbH & Co KG; Schlosser: Kalb; Metallbau; Glasteam; Schiebetor: Zudrell; Parkettböden: Bal; Estriche: Küng Bau; Maler: Farben Kobold; Fliesenleger: BWI Keramik; Aufzug: Schindler GmbH; Kunststein: Fliesenpool GmbH; Ferrum-Trennwände: Gerhardt Braun GmbH

Für den Inhalt verantwortlich: 
vai Vorarlberger Architektur Institut
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Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing


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